G-7-Gipfel in Italien: So sieht es im Luxusresort Borgo Egnazia aus (2024)

„Das ist wie Disneyland!“, sagt Lorenzo. Und rümpft dabei die Nase. Aber er nickt auch irgendwie anerkennend. Lorenzo, der nahe Nardò in Apulien ein kleines feines Hotel mit zehn Zimmern betreibt, spricht so über das Luxusresort Borgo Egnazia südlich von Bari, wo bis Samstag das G-7-Gipfeltreffen der sieben wichtigsten westlichen Industrieländer stattfindet. „Nichts daran ist echt, sieht aber ziemlich echt aus“, sagt Lorenzo. Und wieder schießen in seiner Mimik Ver- und Hochachtung sonderbar zusammen.

Lorenzo und seine Eltern haben vor rund zehn Jahren eine Masseria gekauft, erbaut aus Tuffstein Ende des 19. Jahrhunderts. Das zerfallene Haupthaus haben sie aufwendig restauriert, die Anlage stilsicher um einen Neubau und einen Salzwasser-Pool erweitert. Masserien sind die für den Süden Italiens – namentlich die Regionen Apulien, Basilikata, Kalabrien, Molise und Sizilien – typischen landwirtschaftlichen Gehöfte. Sie bestanden aus einer herrschaftlichen Villa, aus Unterkünften für den „massàro“ (Verwalter), die Landarbeiter und Tagelöhner sowie aus Lagerhäusern und Stallungen.

Apulien ist beliebt bei einheimischen und ausländischen Sommerfrischlern

Im Salento, der lang gestreckten Halbinsel am Absatz des italienischen Stiefels, stehen viele Masserien inmitten ausladender Olivenhaine. Doch seit gut zehn Jahren wütet hier das mutmaßlich aus Mittelamerika eingeschleppte Feuerbakterium Xylella fastidiosa, das die befallenen Olivenbäume und -haine buchstäblich verbrennt: Es lässt die mitunter jahrhundertealten Bäume binnen Kurzem zu Stümpfen austrocknen, die dann wie verkohlte Skelette auf verdorrtem Grund stehen.

Noch gibt es kein Mittel gegen das Bakterium. Rund 20 Millionen der geschätzt 60 Millionen Olivenbäume Apuliens sind inzwischen von Xylella befallen. Nur wenige Baumarten sind immun. Jedes Jahr rückt die „Seuchenzone“ rund zwanzig Kilometer nach Norden, steht inzwischen an der Schwelle zum Sockel des Festlands. Im Salento ist mancher Landstrich ein einziger Olivenbaumfriedhof.

Der mancherorts schauderhafte Anblick hat den Aufstieg Apuliens, einer der ärmsten Regionen Italiens, zur begehrten Destination einheimischer und ausländischer Sommerfrischler kaum gebremst. Zur rauen Schönheit zumal des Salentos passt die eher kleinteilige Struktur des Fremdenverkehrs: liebevoll restaurierte Masserien auf dem Land, Boutique-Hotels in pittoresken Altstädten, Pensionen in Fischerdörfern.

Angesagte VIP-Destination hinter einer „Stadtmauer“

Das Resort Borgo Egnazia, an der Adriaküste auf halbem Weg zwischen Bari und Brindisi gelegen, fällt in mancherlei Hinsicht aus diesem Rahmen. Erbaut wurde der Komplex zwischen 2005 und 2010 auf einem aufgelassenen Militärflugplatz, den einst Mussolini hatte anlegen lassen. Bauherr war – und Eigentümer des Resorts mit angeschlossenem 18-Loch-Golfplatz ist bis heute – die aus dem nahe gelegenen Städtchen stammende Unternehmerfamilie Melpignano.

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Familienoberhaupt Sergio Melpignano, Jahrgang 1946, hatte es als Steuer- und Unternehmensberater in Rom zu Wohlstand und Einfluss gebracht, sein Geld aber stets in den preisgünstigen heimischen Boden investiert, dem er zeitlebens verbunden blieb. Zunächst kaufte er Masserien und baute sie zu profitablen Hotels um. Dann wagte er sich an das Megaprojekt Borgo Egnazia. Geschätzte Baukosten: 150 Millionen Euro. Seit dem Tod von Sergio Melpignano 2015 führen Sohn Aldo und dessen Frau Camilla die Geschäfte.

Und die laufen, abgesehen von der Zwangspause während der Pandemie, offenkundig ausgezeichnet. Rasch wurde das Borgo Egnazia mit seinen rund hundert Suiten und Villen zur angesagten VIP-Destination, die Diskretion und Sicherheit hinter einer „Stadtmauer“ und hohen Zäunen garantiert.

Justin Timberlake, Elton John und Madonna waren Gäste

Alles ist neu in diesem künstlichen Borgo (Dorf), aber eben auf alt gemacht: vom herrschaftlichen Haupthaus aus hellem Tuffstein über die typische Piazza und die engen Gassen, auf denen Leiterwagen und rostige Fahrräder stehen, bis zu den zweistöckigen Villen mit den Gärten voll blühender Bougainvilleen und den privaten Pools. Justin Timberlake und Jessica Biel haben hier im Oktober 2012 mehrere Tage lang ihre Hochzeit gefeiert, auf dem Piano hat Elton John gespielt, Lady Gaga und Madonna waren auch da. Kosten der Feiern: mindestens fünf Millionen Euro.

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Gleich viermal so teuer waren dem Vernehmen nach die mehrtägigen Hochzeitsfeierlichkeiten der Tochter eines indischen Eisenmagnaten vom September 2014 im Borgo Egnazi. 800 Gäste, mehrere Bands und Starköche waren dabei, auch echte Elefanten und mehrere Schimmel als Staffa*ge. Madonna hat in den vergangenen Jahren dreimal ihre Geburtstage hier gefeiert.

Weitere Stammgäste sollen sein: die Familie Beckham, George und Amal Clooney, Ashton Kutcher und Mila Kunis, Größen aus dem Silicon Valley, dazu die einschlägigen Promis aus Italiens Show, Sport und Business. Eine Suite ist kaum unter 2000 Euro die Nacht zu haben. Die „Casa Patronale“, die größte Villa des Resorts mit privatem Pool, kostet das Zehnfache pro Nacht.

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Für die Mächtigen der westlichen Welt, von Joe Biden und Justin Trudeau über Emmanuel Macron und Olaf Scholz bis zu Rishi Sunak und Fumio Kishida sowie deren Begleitung, wird am zweiten Abend des dreitägigen Treffens der im Borgo Egnazia ortsansässige Sternekoche kochen. Und singen wird der Tenor Andrea Bocelli. Der Werbeeffekt des G-7-Gipfels im Disney-Borgo-Egnazia für die Destination Apulien und namentlich Salento dürfte beträchtlich sein. Da stimmt auch Kleinhotelier Lorenzo aus Nardò in seiner echten Masseria zu. Ganz ohne Naserümpfen.

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